Klaus Zebe

Pfarrer für das fahrende Volk

Exotische Praxis der Wendezeit

Klaus Zebe ist ein Pfarrer der untypischen Art. Nicht weil er eher locker gekleidet unterwegs ist. Seine Gemeinde hat eine Besonderheit: Sie reist umher. Wo andere Geistliche ihre Kirche und Gemeindebüros im Dorf oder der Stadt haben, steht Klaus Zebe meist ein Rummelplatz zur Verfügung. Seine offizielle Bezeichnung lautet dann auch „Landespfarrer für Zirkus- und Schaustellerseelsorge der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM)“. Den Menschen hinter diesem langen Titel treffen wir in einem Kaffee in der Nähe des Domplatzes.

Der Domplatz Erfurt mit Fahrgeschäften für den Rummel Altstadt Frühling.

Klaus Zebe ist gebürtiger Erfurter. Aufgewachsen in der Tiergartensiedlung verbindet sich eine erste Kindheitserinnerung mit der dortigen Gegend. „Fahrradfahren lernen im Nordpark mit Stützrädern: Ich bin trotzdem hingefallen und zum Nähen der Wunde dann in die Medizinische Akademie gekommen“, erinnert er sich an ein Erlebnis dieser Zeit. Ansonsten hat Klaus Zebe von Daberstedt über Egstedt bis zur Innenstadt fast überall in Erfurt gewohnt. Eine Wohnung am Stadtpark ist ihm dabei in besonderer Erinnerung geblieben. Sie war das Resultat einer heute eher exotisch anmutenden Praxis der Wendezeit: „Es standen Wohnungen leer von Menschen, die abgehauen sind in den Westen und die waren nicht auf dem Wohnungsmarkt. Und dann war es eine Zeit lang üblich, dass Schloss aufzuknacken, reinzuziehen und dann der Wohnungsgesellschaft zu sagen, dass man dort wohnt“. Klaus Zebe übersteht die wilde Wendezeit bestens, macht Abitur und studiert Theologie in Jena.

Bestandteil des Erfurter Weihnachtsmarktes

Nach ersten beruflichen Schritten in Westthüringen kehrt er 2014 als Stadtjugendpfarrer nach Erfurt zurück. In dieser Funktion ist auch für das Jugendzentrum Predigerkeller zuständig. Aus dieser Arbeit entwickelt sich eine bekannte Erfurter Institution auf der Predigerwiese. Diese wollen wir mit Klaus Zebe aufzusuchen, scheitern allerdings am Tor – es ist nicht der richtige Schlüssel, den der ehemalige Jugendpfarrer mit sich trägt.

Klaus Zebe am Tor zur Predigerwiese Ort des Heimlichen Advent

Okay. Es sollte zum Ort des „Heimlichen Advents“ gehen. Dieser ist inzwischen fester Bestandteil des Erfurter Weihnachtsmarktes und geht auf ein Projekt im Rahmen der Jugendarbeit zurück, dass Klaus Zebe als Jugendpfarrer 2017 initiiert.

Der Heimlich Advent hat sich in Erfurt als Teil des Weihachtsmarkts etabliert

Tätigkeit noch lange gefragt

Wir gehen weiter zum Domplatz. Hier befindet sich gerade ein Teil der Gemeinde des Landespfarrers für Zirkus- und Schaustellerseelsorge. Zahlreiche Fahrgeschäfte werden gerade zu einer Veranstaltung aufgebaut. Dort ein Mitglied der Evangelischen Kirche zu treffen ist um ein Vielfaches höher als im Rest der Republik. „Es ist so, dass unter Schaustellern und Zirkusleuten die Kirchenmitgliedschaft bei 70-80 % liegt“, verrät uns Klaus Zebe. Und so dauert es nicht lange, bis er beim Gang durch die schmalen Wege des Rummelplatzes von einem Mitglied seiner Gemeinde angesprochen wird. Bernd Hammer ist Gastronom und es entspinnt sich ein Gespräch über den vorangegangenen Eröffnungsgottesdienst.

Pfarrer Klaus Zebe Landespfarrer für Zirkus- und Schaustellerseelsorge im Gespräch mit Schausteller Bernd Hammer

Sofort wird deutlich, dass die Arbeit des Pfarrers den Schaustellern sehr wichtig ist. Dabei nimmt der kirchliche Segen, der im Rahmen eines Gottesdienstes gespendet wird, einen besonderen Stellenwert ein. „Mit dem Segen unterwegs sein ist ein wichtiges Anliegen meiner Gemeinde“, beschreibt Klaus Zebe diesen Teil seiner Arbeit. Als Besonderheit erwähnt er, dass auch neue Fahrgeschäfte im Rahmen eines Gottesdienstes eingeweiht werden.

Die Stelle als Landespfarrer für Zirkus- und Schaustellerseelsorge hat in der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland eine lange Tradition, die auch die DDR überdauert hat. Klaus Zebe steht damit in einer langen Reihe von Pfarrern für das fahrende Volk und der Stellenwert, den seine Arbeit in seiner Gemeinde besitzt, deutet daraufhin, dass seine Tätigkeit noch lange gefragt sein wird.

 

 

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