Alter Angerbrunnen Erfurt
Zeuge einer anderen Zeit
Seiner Größe entsprechend hat der Anger zwei Brunnen. Den Neuen Angerbrunnen und den alten Angerbrunnen. Diesen schauen wir uns hier genauer an.
Einige Hürden
Seit der feierlichen Einweihung am 06.09.1890 findet sich der Brunnen im Westen des Angers. Immerhin 10 Jahre nachdem der Erfurter Verschönerungsverein erste Ideen zu seinem Bau entwickelt hat und 14 Jahre nach Fertigstellung der neuen Wasserleitung von Wechmar nach Erfurt. Deren Fertigstellung 1876 liefert den Impuls zur Errichtung eines Brunnens: Die Versorgung der Stadt mit dem wertvollen Nass ist damit auf dem neusten Stand und Erfurt kann sich in Richtung Zukunft entwickeln. Neben der Wasserversorgung gibt es zwei Garanten, dass diese eine Gute wird: Der Acker – und Gartenbau auf der einen und der Maschinen – und Waffenbau auf der anderen Seite.
Diese Wirtschaftsmotoren der aufstrebenden Stadt Erfurt verbindet der Angerbrunnen mit dem Lebenselixier Wasser. Bis für Besucher und Bürger der Stadt diese Botschaft in Form eines Brunnens sichtbar wird, müssen einige Hürden überwunden werden. Inwieweit dieser nicht immer einfache Prozess sich in der Gestaltung des Bauwerks niedergeschlagen hat, wissen wir nicht.
Auftrag an den Architekten Heinrich Stöckhardt
Da ist zuerst der Standort zu klären. Erfurt befindet sich in dieser Zeit in der Phase der Entfestigung. Der Stadtraum weitet sich kontinuierlich, aber: Es gibt auch andere Vorhaben, die an prominenter Stelle einen Standort beanspruchen. Hauptkonkurrent für den Brunnen, der noch nicht der Angerbrunnen ist, wird der Reformator Martin Luther. Nicht er selbst, aber sein Denkmal. Nachdem andere Plätze wie z. B. der Fischmarkt als Standorte für die Vorhaben ausscheiden, fokussieren sich die Planungen auf den Anger. Es geht hin und her. Luther im Westen, Brunnen im Osten oder beide dort und doch nicht? Wir kennen das Ergebnis: Luther steht im Osten des Angers, der alte Angerbrunnen im Westen.
Der Auftrag zum Bau des Brunnens geht schließlich in den 1880“er Jahren an den Architekten Heinrich Stöckhardt. Mit verschiedenen Bauausführenden gelingt es diesem, den Angerbrunnen bis 1890 zu errichten.
Ein Erfurt aus dem 19. Jahrhundert
Groß verändert hat sich das Bauwerk seitdem nicht. Die weibliche Gestalt, hier mit Rose, steht für den agrarisch geprägten Teil der Erfurter Wirtschaft.
Der Mann mit Bart verkörpert die Erfurter Industrie.
Auch das Wasser plätschert in der warmen Jahreszeit weiterhin in die Brunnenbecken. Was sich verändert hat, ist die Stadt und das Leben um den Brunnen herum. Der alte Angerbrunnen ist im Laufe der Jahre ein Denkmal geworden. Es zeigt uns heute ein Erfurt, wie es sich selbst im ausgehenden 19. Jahrhundert gesehen hat. Wie wohl zukünftige Bewohner auf diesen Zeugen einer anderen Zeit schauen werden?