Von Lust an Deutung geprägt

Das Restaurant „Roter Elephant“ ist seit 1995 eine feste Größe in der Erfurter Altstadt. Wie fast alle Häuser dort ist es nicht im besten Zustand, als es Reinhard Matschie, der langjährige Betreiber des Restaurants, erwirbt. Bei der Modernisierung beginnt er sich für die Geschichte des Gebäudes zu interessieren. Dabei findet er einiges rund um das Haus heraus. Die Ersterwähnung ist auf das Jahr 1587 datiert, wobei das Kellergewölbe auf ein höheres Alter hindeutet. Auch die Lage in der Stadt untermauert dies: Erfurt ist schon ein paar Hundert Jahre zuvor eine dicht bebaute mittelalterliche Großstadt. Dass an der Stelle, wo sich das heutige Haus zum Roten Elephanten befindet, seit dem Mittelalter ein Gebäude steht, ist ziemlich wahrscheinlich.

Roter Elephant Erfurt scaled_erfurt

Im Jahr 1307 könnte sich dort durchaus eine Geschichte abgespielt haben, die den heutigen Namen des Hauses erklärt. Wobei der Verfasser der Erzählung, Bernhard Dittmar, darauf verweist, dass „Alles, was wir zu wissen glauben, auf Recherchen beruht, die, wie ich zugeben muss, unvollkommen und manchmal auch von der Lust an Deutung geprägt sind“. Hier die Geschichte in komprimierter Form:

Hinterhalt eines örtlichen Raubritters

Hugo von Payens, im 12.“ Jahrhundert Großmeister des Templerordens, bekommt vom Ägyptischen Sultan eine Figur in Form eines Elefanten geschenkt. Der Körper besteht dabei aus einem großen roten Rubin. Zwar sind die Stoßzähne aus weißem Elfenbein und der Sattel der Figur aus Gold, aber der Elefant ist größtenteils ein roter Elefant und ein wertvoller dazu. Er ist nicht der einzige Schatz der Templer, als diese im Jahr 1307 verboten werden sollen. Während der Führung des Ordens die Topabscheulichkeiten der damaligen Zeit zum Vorwurf gemacht werden, versuchen einige Templer von Paris aus Teile des Ordensvermögens zu retten. Dieses soll in Verstecken, die über Europa verteilt sind, das Verbotsverfahren überdauern. Und so begibt sich auch ein gewisser Bernhard von Thüringen auf die lange Reise von Paris nach Erfurt. Mit dabei in einer geheimen Tasche der Rote Elephant. Reisen ist zu dieser Zeit nicht nur unbequem, es kann auch zu richtigem Ärger führen. Solcher ereilt den Reisenden in der Nähe von Arnstadt. Hier gerät Bernhard in den Hinterhalt eines örtlichen Raubritters und seiner Mannen. Zwar kann er der Bande entfliehen, ist aber von drei Pfeilen getroffen. Er erreicht am Abend Erfurt und gelangt, stark blutend, bis vor die Tore des Klosters der Hospitalliter, genannt die Engelsburg. Auf der anderen Straßenseite befindet sich ein Haus, dessen Bewohnerin bemerkt, wie Bernhard schon fast Tod vom Pferd fällt. Sie lässt ihn in ihr Haus bringen, wo der Ritter Bernhard von Thüringen aufgrund seiner Verletzungen stirbt. Der Rote Elephant gilt seitdem als verschollen.

lefant Tod des Bernhard von Thueringen im Haus zum Roten Elephanten in Erfurt scaled_erfurt

Ob diese Zeichnung das damalige Geschehen wahrheitsgetreu darstellt, wissen wir nicht. Fest steht allerdings: Das Haus, wo der Tempelritter Bernhard von Thüringen sein trauriges Ende findet, ist heute in Erfurt als Haus zum Roten Elephanten bekannt.

Und so kommt es, dass es zwei Geschichten um einen Elefanten gibt. Der eine bleibt verschwunden, der andere steht gut sichtbar in der Erfurter Altstadt.

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