Der Hirschgarten Erfurt
Ein Spiegel der Zeiten
Der Hirschgarten, wie wir ihn heute kennen, entsteht über mehrere Jahrhunderte durch Abriss mehrerer Straßenzüge.
Die städtische Freifläche zwischen Staatskanzlei und dem ehemaligen Kaufhaus Germania existiert seit 1733. Da dort wohl in der Anfangszeit Rotwild gehalten wird, etabliert sich für den Platz die Bezeichnung „Hirschgarten“. Für den Namen gibt es auch noch andere Erklärungen, Tatsache ist: Die Fläche wird 1780 allen Erfurtern zugänglich gemacht.
Eine Besonderheit zu Zeiten, wo Parks und Gärten eher einer privilegierten Minderheit vorbehalten sind. Dieser östliche Teil des Hirschgartens spiegelt dann über Jahrzehnte die jeweilige Epoche wider. Vor der französischem Besatzung Anfang des 19. Jahrhunderts noch zum Botanischen Garten ausgestaltet, nutzen ihn Napoleons Truppen als Militärlager. Nach dem Deutsch-Französischem Krieg von 1871 ziert ein Denkmal mit französischen Kanonen den Platz, der im dritten Reich zum „Platz der SA“ wird und nach 1945 den Namen „Platz der Deutsch-Sowjetischen Freundschaft“ annimmt. Gerade letztere Bezeichnung führt zu neuerliche Abrisstätigkeiten: An einem Platz mit solchen Namen wird sich ein „Haus der Kultur“ für die mit der Sowjetunion verbunden Arbeiterklasse sehr gut machen, denkt sich in den 1970″er Jahren die SED Führung. Dafür wird die Regenbogengasse ganz und die Eichengasse teilweise abgerissen.
Doch die Zeiten ändern sich dann schneller, als gebaut wird: In den letzten Jahren der DDR entsteht ein Rohbau des Kulturzentrums, das mit der Wende 1989 nicht weitergebaut wird. Dieser ist vielen Erfurtern noch als „Schiffshebewerk“ in Erinnerung.
Neue Zeiten bringen auch neue Planungen für den Hirschgarten hervor. Gerade die westliche Fläche weckt Begehrlichkeiten. Immerhin existiert dort Anfang der 1990″er Jahre ein Rohbau samt Baugrube. Warum dort nicht ein Kaufhaus bauen oder das Theater neu errichten? Schließlich wird aus der Bebauung nichts. Es entsteht eine Freifläche, die zum großen Teil aus einem Spielplatz besteht.
Außerdem finden sich dort liebevoll angelegte und gepflegte Beete mit zahlreichen Blumen:
Der Hirschgarten ist sich dabei über die Jahrhunderte treu geblieben: Er bleibt ein Spiegel der jeweiligen Zeit. Vielleicht liegt es an seiner Nähe zur Macht. Mit der heutigen Staatskanzlei, der Mainzer Statthalterei, dem preußischen Regierungspräsidium sowie amerikanischer und sowjetischer Kommandantur und dem Rat des Kreises Erfurt-Land ist immer ein herrschendes Moment in der Nachbarschaft. Wer kann sich dem schon entziehen?
