
Thorsten
Partygänger der ersten Stunde.
Foto: Thorsten in den 1990″er Jahren
Vom Westen über Goa zur Erfurter Technoszene
Technomusik spielt schon früh eine Rolle in Thorstens Leben. Ende der 1980“er Jahre wummern Klänge der Elektropioniere Kraftwerk und Tangerine Dream aus seinen selbst gebauten Boxen. Als er kurz nach dem Mauerfall aus dem Westen nach Erfurt zieht, beginnt ein neuer Lebensabschnitt. „Es gab damals eine Aufbruchstimmung unter jungen Menschen auf dem Boden der ehemaligen DDR. Ich bin da einfach mitgeschwommen“, erinnert er sich heute und „Techno wurde die Musik dazu“. Diese lernt er allerdings weit der Thüringer Landeshauptstadt kennen: „1991 war ich dann auf Technopartys in Goa/Indien – da habe ich erstmals gespürt, was Techno ist“.
Archaischer Tanz ums Feuer
Zurück in Erfurt stößt Thorsten dann auf die Anfänge der Erfurter Technobewegung. Neben einem besetzten Haus in der Stotternheimer Straße organisieren Bewohner Technopartys. Diese finden in einem angrenzenden Gebäude statt, welches vor der Wende als Kühlhaus genutzt wird. Thorsten beschreibt das ganze drumherum als eine etwas größere WG-Party. Auf einem Plenum wird eingeteilt, wer was macht und dann geht es los. „Das waren Veranstaltungen mit vielleicht 50 Leuten“. Diese erleben Partys in einem sehr speziellen Ambiente. „Das war eine Mischung aus Schlachthaus und Wohnzimmer“, beschreibt Thorsten die Atmosphäre im Kühlhaus, „geflieste Wände im zuckenden Stroboskoplicht und dazwischen Tische mit Decken“. Dazu laute Musik, deren Bässe wie Buschtrommeln die Gäste zum Tanzen animieren. Mit der Wirkung der allgegenwärtigen Ecstasytabletten entsteht ein Gefühl grenzenloser Freiheit. „Es war wie bei irgendwelchen Urmenschen: Ein archaischer Tanz ums Feuer“, beschreibt Thorsten seine Erinnerungen an die Partynächte der damaligen Zeit.
Eine neue Welt
Sind die Partys vorbei, bewegt er sich in den einzigartigen Gegebenheiten der ostdeutschen Wendezeit. Ein Umfeld, das eine stringente Ausbildung oder Karriereplanung obsolet erscheinen lässt. „Ich habe damals zu Anfang nicht wirklich gearbeitet und dann beim Aufbau eines soziokulturellen Projektes mitgemacht“. Solches wird mit ansehnlichen Summen gefördert. Thorsten ist für den Kinderladen zuständig, „ohne Ausbildung, aber mit gutem Glauben“ kommt er so zeitweise zu einem festen Gehalt. Irgendwann nähern sich die 1990“er Jahre ihrem Ende. Thorsten beginnt im Bereich Bühnenbau zu arbeiten. Erst in Weimar und dann in seiner alten Heimat.
Und was bleibt im Rückblick? „Nach dem Mauerfall entdeckte ich in Erfurt eine neue Welt. Für mich war alles aufregend. Technomusik und die Partys waren ein Teil davon“ erinnert sich Thorsten an die Zeit als Partygänger der ersten Stunde.