Michi erinnert sich an Technopartys in Erfurt in den 1990 er Jahren

Michi

2 Jahre auf Technopartys unterwegs – 1995 ist damit Schluss.

Nächstenliebe untereinander

1993 befindet sich Michi in einer Ausbildung. Ihr damaliger Freund, mit dem sie seit der 9. Klasse zusammen ist, steht da schon mitten im Berufsleben. Er arbeitet als Türsteher bei den zahlreichen Technopartys, die sich zu dieser Zeit großer Beliebtheit erfreuen. „Die Jungs, die damals vor den Klubs in Erfurt arbeiteten, machten schon rein äußerlich was her“, erinnert sich Michi. Und es gibt einen Vorteil als Teil dieser Szene: „Ich kam überall kostenlos rein“. Aber da ist auch die spezielle Atmosphäre bei den Veranstaltungen, die Michi in ihren Bann zieht. „Diese tanzenden Menschen, wir waren eins und es ist für welche, die es nicht erlebt haben, schwer zu beschreiben, es war Nächstenliebe untereinander“, beschreibt Michi ihr damaliges Empfinden.

Schwarzer Schmoder nach dem Rave

Dass die Musik nicht die einzige Quelle für solch positive Empfindungen ist, gibt Michi unumwunden zu. Drogen sind damals Teil der Technobewegung und führen auch zu unschönen Szenen. Michi erinnert sich an völlig Durchgeknallte, die mit Schaum vor dem Mund Gespräche mit Sträuchern führen.

Wenn jemand richtig über die Stränge schlägt, greifen die Türsteher ein. Das ist ihr Job, der in den teils rechtsfreien Räumen der Nachwendezeit oftmals robust ausgeführt wird. „Nach heutigen Maßstäben wurde da schon mal richtig zugeschlagen, da floss auch mal Blut“, denkt Michi an die nicht so schönen Szenen am Rande der durchtanzten Nächte zurück. Auch einige Veranstaltungsorte würde sie heute nicht mehr betreten. „Der Eingang war der Ausgang und da bist du dann runtergegangen. Da standen so Pennertonnen, die haben vor sich hingebrannt – durch den Qualm habe ich noch drei Tage nach dem Rave schwarzen Schmoder rausgeschnauft“. Sicherlich nicht die einzige Gefahr, die von solchem Ambiente ausgeht.

Froh diese Zeit miterlebt zu haben

Das Ganze ist so nur in der Nachwendezeit möglich. Da eine staatliche Ordnung kaum vorhanden ist, übernehmen andere Akteure auf ihre Art die Aufsicht über die Erfurter Technoszene. Bei einigen Partys vermischten sich dann Feiernde, Türsteher, Szenegrößen, Prostituierte und DJs zu einem großen Ganzen. „Da gab es auch Rekrutierungsversuche hin zur Prostitution, die erzählten dann schon mal, wie viel man da als Frau verdienen kann“, fügt Michi eine weitere Erinnerung an diese Zeit hinzu. Ob so neue Mitarbeiterinnen für die Bordelle der Stadt gefunden werden, weiß Michi nicht.

Sie selbst beendete nach zwei Jahren ihr Partyleben, als sie 1995 schwanger wird. Ihr ist klar, dass ein Kind und ihr bisheriges Leben nicht zusammenpassen. Michis Resümee heute: „Letztlich bin ich froh, diese Zeit, wo es keine Grenzen und wirkliche Regeln gab, das ich das miterleben durfte – ich bin stolz, Generation X zu sein“.

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