Foto: Thüringens Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee/HWK EF
Wolfgang Tiefensee steht Thüringer Unternehmern Rede und Antwort. Die Handwerkskammer Erfurt und die Industrie- und Handwelskammer Erfurt stellen Forderungen.
Die wirtschaftliche Situation in vielen Thüringer Unternehmen ist besorgniserregend. Grund sind die extrem gestiegenen Energie- und Einkaufspreise, Materialmangel, stockende Lieferketten und eine Inflation von mehr als zehn Prozent. Die derzeitigen Krisenfolgen drängen viele Unternehmen aus Handwerk, Industrie und Handel an den Rand ihrer Existenz. Gerade den energieintensiven Unternehmen bleiben kaum mehr Spielräume, um wirtschaftlich rentabel ihren Betrieb zu führen.
Vor diesem Hintergrund hatten am 5. Dezember die Handwerkskammer Erfurt und die Industrie- und Handelskammer Erfurt zu einem Energieforum eingeladen. Zu Gast im Berufsbildungszentrum der HWK Erfurt in Bindersleben war Thüringens Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee. In einem offenen Dialog stand er den Unternehmerinnen und Unternehmern Rede und Antwort.
Für Dieter Bauhaus, Präsident der IHK Erfurt, sind die Erhöhung der Versorgungssicherheit und die Stabilisierung weiterer Preisschwankungen vordergründig bei der mittelfristigen Bewältigung der Energiekrise. „Der kommende Winter wird zur Nagelprobe und das nächste Jahr für viele Unternehmen noch schwieriger“, befürchtet Bauhaus. Daher brauchen die Unternehmen Unterstützung etwa beim eigenen Energieumbau, mehr Tempo bei der Energiewende und weniger bürokratische Belastungen. Der Präsident der Handwerkskammer Erfurt, Stefan Lobenstein, begrüßte die Zusammenkunft für einen konstruktiven Austausch zum Wohle der Thüringer Wirtschaft. „Die Diskussion bot unseren Handwerkern die Gelegenheit, Ihre Sorgen und Probleme zu teilen, um so gemeinsam Lösungen für diese schwierige Zeit zu finden und das gegenseitige Verständnis zwischen Politik und Wirtschaft zu fördern“, betonte er beim Energieforum.
Zukunftsängste und Perspektivlosigkeit aus erster Hand geschildert
Fachkräftemangel, Bürokratie, Abgabenlast: zahlreiche Teilnehmerinnen und Teilnehmer nutzten die Einladung, um ihre ganz persönliche Situation darzustellen. Die angesprochenen Themen waren vielschichtig und gingen weit über die Energiekrise hinaus.
Olaf Eckardt, Metallbauer aus Apolda, ist ratlos. Er hatte zum Jahresende seinen Rahmenvertrag für die Stromversorgung gekündigt, der sich auf 99.000 Kilowattstunden jährlich belief. Das neue Angebot des Energieversorgers umfasse mit 100.000 kWh nur eine Kilowattstunde mehr, erhöhe sich aber um ganze 50.000 Euro. In den letzten zwei Jahren hätte er sich mit alternativen Energieträgern beschäftigt, müsse hierfür jedoch eine Menge an zusätzlichen Auflagen erfüllen. Hier fehle es vor allem an festen Ansprechpartnern. „Wir kommen nicht weiter. Egal was wir tun, wir werden ausgebremst“, so der Metallbauer. Einzelunternehmer Peter Ludwig, Fliesen-, Platten-, und Mosaikleger aus Blankenhain, machte darauf aufmerksam, dass die Themen weit über die Energiekrise hinausgehen. „Wir haben weitreichendere Schieflagen, die man nicht kurzfristig mit Förderprogrammen mindern kann: eine unkalkulierbare Energieversorgung, Nachwuchsprobleme und eine hohe Abgabenlast“, unterstrich er drei aktuellen Forderungen der HWK Erfurt. Der Wirtschaftsminister schloss sich dieser Meinung an und sprach sich vor allem für eine bessere Berufsorientierung aus. Das beste Beispiel für bereits gelungene Maßnahmen sei das Handwerkergymnasium der HWK Erfurt.
Rocco Funke aus Hundehagen hat sich mit einer neuen Unternehmenskultur einen Vorteil auf dem heiß umkämpften Fachkräftemarkt geschaffen. Der kleine Spezialbetrieb für Leckageortung und Ingenieurdienstleistungen für Gebäudediagnostik hat die 32-Stunden-Woche eingeführt. Um die flexible Arbeitszeitgestaltung umsetzen zu können, wurde die Unternehmenskultur revolutioniert – durch die Digitalisierung aller Geschäftsprozesse und die Stärkung der mentalen Gesundheit aller Mitarbeiter. Er sensibilisierte, dass jeder Unternehmer in Krisenzeiten auch selbst für die Optimierung seines Betriebes verantwortlich sei. „Mit unserem Konzept „Wertschöpfung durch Wertschätzung“ konnten wir unseren Umsatz sogar um 50 Prozent steigern – und damit die gestiegenen Energiekosten kompensieren“, erklärte er den Teilnehmern.
In der konstruktiven Diskussion ging Wirtschaftsminister Tiefensee auf viele Sorgen und Probleme ein und gab Antworten. Demnach sei der Freistaat Thüringen bei der Unterstützung des Mittelstands deutlich weiter als der Bund. Dabei setze Thüringen auf drei Säulen: Zuschüsse für existenzgefährdete Unternehmen, Kredite sowie mittelfristig auf eine bessere Aufstellung der Unternehmen in Sachen Energieeffizienz.
Quelle: Handwerkskammer Erfurt