Frederic Schulz
Trauerredner
Für das Erinnern
Frederic Schulz hat drei Berufe: Er ist promovierter Historiker, veröffentlicht als Schriftsteller sowohl Kurzgeschichten als auch Romane und arbeitet hauptberuflich als Trauerredner. Das passt bei genauer Betrachtung gut zusammen: Im Rahmen seiner Doktorarbeit befragt er am Ende seines Studiums viele Zeitzeugen und entdeckt dabei sein Interesse für die Vielfalt menschlicher Lebensläufe. Einem solchen geht er auch in seinem Roman „Eugen“ nach. Im Mittelpunkt dieses literarischen Schaffens steht das vergessene Leben seines Urgroßonkels Eugen Schnepple. Der Weg zum Trauerredner ist spätestens durch diese Tätigkeit vorgegeben, denn: „Dieser Roman ist meine erste geschriebene Trauerrede“, so Frederic Schulz. Hier zeigt sich auf gut 150 Seiten sein Bedürfnis, etwas für das Erinnern an einen Menschen zu tun
und genau darum geht es beim Beruf des Trauerredners.
Liebe zu einer Thüringerin
Als 1988 Geborener lernt er dabei viel über die ehemalige DDR. Bei den meisten Verstorbenen, mit deren Leben sich Frederic Schulz beschäftigt, „gibt es ein Leben vor der Wende und ein Nachwendeleben“. Das alles fließt in seine Reden ein und so treffen sich am Ende wieder alle drei Berufe bei der Arbeit: Der Historiker ordnet ein, der Schriftsteller schreibt und der Trauerredner erinnert.
Diese Tätigkeit nimmt viel Zeit in Anspruch und erfordert Empathie. Nur so lassen sich die verschiedenen Biografien in einer Trauerrede angemessen darstellen.
Das Frederic Schulz in Erfurt lebt, ist eher Zufall. Gekommen ist er wegen der Liebe zu einer Thüringerin. Zum gemeinsamen Bleiben trägt der Altbaubestand in Erfurt bei: „Für jemanden, der in Heilbronn einer im Zweiten Weltkrieg komplett zerstörten Stadt aufgewachsen ist, stellt jedes vor 1946 gebaute Gebäude eine Besonderheit dar“ und davon hat Erfurt bekanntlich viele.
Erfurter Bratwurstigkeit
So ist es sicher kein Zufall, dass er mit Frau und Kind eine Altbauwohnung im Dichterviertel bewohnt. Auch seine Freizeit verbringt Frederic Schulz gerne dort. Am Haus befindet sich ein Garten mit gemütlicher Ecke und einer Tischtennisplatte, wo sich fast immer ein Hausbewohner zum gemeinsamen Match findet.
Ein weiteres Steckenpferd ist das flanieren durch Erfurt. Dabei geht es ihm darum Viertel und Ecken der Landeshauptstadt kennenzulernen, die abseits des eigenen Lebensmittelpunktes liegen. Bei solcher Schlenderei wird Frederic Schulz immer wieder bewusst, dass Erfurt mehr ist als die bekannte Altstadt. Seiner Meinung nach sollte Erfurt deshalb auch selbstbewusst Möglichkeiten außerhalb von Tourismus und Mittelalter erkennen: „Viele Potenziale liegen ungenutzt, man suhlt sich manchmal in seiner eigenen Bratwurstigkeit und der kleinen süßen Gässchen, aber Erfurt ist mehr als das“, so der Historiker mit Blick auf andere Städte und Regionen. Dabei geht Frederic Schulz davon aus, in Erfurt seine neue Heimat gefunden zu haben. Auch wenn er als gefragter Trauerredner in ganz Deutschland arbeiten kann, ist er mit dem Leben in der Thüringer Landeshauptstadt sehr zufrieden. Sollte Frederic Schulz die Stadt doch dereinst verlassen, wird er wahrscheinlich als Schöpfer des Begriffs „Bratwurstigkeit“ in die Stadtgeschichte eingehen…