Ab sofort haben die „Erfurter Nachteulen“ eine feste Anlaufstelle: Am Erfurter Hauptbahnhof wurde heute das „Eulennest“ eröffnet. Das Büro am Radhaus nördlich der Unterführung ist nicht nur Sitz der Schichtleitung. Es dient in den Abendstunden des Wochenendes auch als Rückzugsort für Menschen, die sexualisierte oder diskriminierende Gewalt erfahren haben, und steht darüber hinaus allen Interessierten offen.

Büro wird zum Safer Space für Opfer von Gewalt

„Die Eröffnung des ,Eulennestes‘ ist ein großer Meilenstein für das Projekt“, sagt Projektleiter Karsten Melang. An bisher 24 Abenden waren die Awareness-Teams unterwegs – in Parkanlagen, aber auch zu Großveranstaltungen wie dem Krämerbrückenfest oder dem Oktoberfest. „Die ,Nachteulen‘ sind die ersten mobilen Teams in Erfurt und Thüringen und wahrscheinlich in ganz Ostdeutschland einzigartig“, so Melang. „Dank des neuen Büros können wir nun auch einen Safer Space bieten. Wer Probleme hat, kann einfach klopfen. Wir sind geschult, haben ein offenes Ohr und können helfen.“ Jeweils freitags und samstags von 17 bis 23 Uhr sind die „Nachteulen“ vor Ort.

„Mit den ,Nachteulen‘ ist Erfurt einen neuen Weg des Konfliktmanagements gegangen“, sagt Oberbürgermeister Andreas Horn. „Ich habe die Einführung als Beigeordneter begleitet und werde mich als Oberbürgermeister weiterhin dafür einsetzen, dass aus dem Pilotprojekt eine Verstetigung wird.“ Die Ausschreibung für die Fortsetzung der „Nachteulen“ im kommenden Jahr wurde bereits veröffentlicht.

Auch zum Weihnachtsmarkt schwärmen die „Nachteulen“ wieder aus: Auf dem Domplatz, aber auch in der Innenstadt sind sie freitags und samstags von 17 bis 23 Uhr unterwegs. Erkennbar sind die Awareness-Teams an ihren Funktionsjacken und den LED-Rucksäcken, in denen sie zum Beispiel Menstruationsprodukte, Traubenzucker, Wasser, Müsliriegel und Erste-Hilfe-Sets dabeihaben.

Andreas Horn und Andreas Melang richteten ihren Dank an ein breites Bündnis von Netzwerkpartnern, darunter der Erfurter Stadtrat, Mitarbeitende der Stadtverwaltung Erfurt, die Kulturlotsin, die Streetworkerinnen und Streetworkern des Jugendamtes, der Stadtjugendring mit Bämm!, die Landespolizeidirektion Erfurt, das Deutsche Rote Kreuz, der Arbeiter-Samariter-Bund und weitere. „Dass alle in diesem Prozess an einem Strang gezogen haben, hat die erfolgreiche Umsetzung überhaupt ermöglicht“, so Horn.

Über die „Erfurter Nachteulen“

Am 24. August hatten die „Erfurter Nachteulen“ ihren ersten Einsatz. Das Zwischenfazit fällt positiv aus: „Die Teams haben viele Aufklärungsgespräche geführt, um die Bekanntheit des Projektes zu fördern, aber auch, um die Akzeptanz für die Awareness-Arbeit in der Bevölkerung zu erhöhen. Es zeigte sich schnell, dass die ,Erfurter Nachteulen‘ einen enormen Wiedererkennungswert besitzen und insbesondere die jüngere Generation die Anwesenheit und Arbeit der Nachteulen sehr wertschätzt“, sagt Ricarda Schreeg, kommissarische Leiterin des Dezernats für Sicherheit, Umwelt und Sport.

Auch die Beruhigung der Erfurter Parkanlagen ist Ziel des Einsatzes. Hier vermitteln die „Nachteulen“ zwischen Parknutzern und Anwohnern. „Ohne die Awareness-Teams, die seit Oktober rund 20 solcher Einsätze wahrgenommen haben, hätte es jeweils eines Einsatzes durch die Polizei bedurft“, so Schreeg. „Die Erfahrungen zeigen, dass die Menschen sehr dankbar über die Ansprache der Nachteulen waren, da zum einen der Lärmpegel verringert werden konnte, aber die Nutzer weiter in den Parkanlagen verbleiben konnten. Auch wurden die Teams mehrmals direkt von Anwohnern wegen Ruhestörungen kontaktiert, wo sie in jedem Fall schnell Abhilfe leisten konnten.“

Am letzten Oktoberwochenende haben die „Nachteulen“ die Polizei bei der Suche nach einem vermissten neunjährigen Kind unterstützt und konnten nach einer zweistündigen Suche Entwarnung geben. Bei einer Messerstecherei in der Erfurter Innenstadt konnten sie noch vor dem Eintreffen der Rettungskräfte der verletzten Person Erste Hilfe leisten und die Notfallbetreuung sicherstellen. Ausgerüstet mit Wasser und Notfallsnacks, halfen sie auf dem Erfurter Oktoberfest Menschen, die ihren Alkoholkonsum nicht richtig einschätzen konnten, und haben ein verlorengegangenes Kind wieder seinen Eltern übergeben können.

Quelle: Pressemitteilungen der Landeshauptstadt Erfurt