Foto: Dr. Cornelia Haase-Lerch/IHK Erfurt, Marcel Krummrich
IHK Erfurt: Forderungen der Wirtschaft müssen endlich in politische Maßnahmen münden
Ein Ende der konjunkturellen Talfahrt ist nicht in Sicht. Die Erwartungen der regionalen Wirtschaft haben sich für die kommenden Monate weiter verschlechtert: Nur noch 8 Prozent der Unternehmer rechnen mit einer günstigeren Entwicklung (Frühjahr 2024: 12 Prozent), während 41 Prozent pessimistisch sind und von einer weiteren Verschlechterung der Lage ausgehen (Frühjahr 2024: 31 Prozent). Allein diese Entwicklung ist einmalig und Ausdruck von der besonders schwierigen Lage. Auch die Beurteilung der gegenwärtigen Situation bleibt gedämpft. Der Klimaindex, der die aktuelle Lage und die Erwartungen der Unternehmen abbildet, fällt um weitere 8 Punkte im Vergleich zum Frühjahr 2024 auf nun 74 Punkte – weit entfernt vom langjährigen Durchschnitt von 104 Punkten.
Die Hauptgeschäftsführerin der IHK Erfurt, Dr. Cornelia Haase-Lerch, wertet die aktuellen Ergebnisse der Konjunkturumfrage als besonders besorgniserregend aus: „Die Stimmung in den Unternehmen rutscht dramatisch ab. Wenn weder Investitionen geplant noch Beschäftigung gesichert und dazu Erwartungen gedämpft sind, kann ich leider keine Kehrtwende erkennen, obwohl diese dringend geboten ist. Mittelfristig stehen alle Zeichen auf Wohlstandsverlust und Rezession. Die vielfältigen Hinweise aus der Wirtschaft zur Lage der Unternehmen in Deutschland nützen irgendwann nichts mehr, wenn sich daraus keine wirtschaftspolitische Kursänderung oder Entlastungen für die Unternehmen ergeben. Hier erwarte ich künftig nicht nur Verständnis, sondern konkrete politische Maßnahmen .“
Lange Genehmigungsverfahren bei Investitionen
Eine schwache Inlandsnachfrage, wenig Impulse aus dem Ausland und die Kaufzurückhaltung der Verbraucher prägen das aktuelle Stimmungsbild in der Wirtschaft. Trotz geringfügiger Veränderungen bleibt die Lagebeurteilung im Vergleich zum Frühjahr 2024 nahezu unverändert: 19 Prozent der Unternehmer berichten von gut laufenden Geschäften (vorherige Umfrage: 18 Prozent), während 37 Prozent (vorherige Umfrage: 36 Prozent) die Lage als schlecht bewerten. Die Hoffnung, dass ein verbessertes Auslandsgeschäft oder eine wieder anziehende Inlandsnachfrage die heimische Wirtschaft beleben könnten, hat sich nicht bestätigt. Weder eine stärker wachsende Weltwirtschaft noch sinkende Inflationsraten haben bisher Wachstumsimpulse gesetzt. Zudem sind die Unternehmen weiterhin stark durch strukturelle Herausforderungen belastet, darunter hohe Kosten für Energie, Löhne und Steuern, überbordende Bürokratie, lange Genehmigungsverfahren bei Investitionen sowie der anhaltende Arbeitskräftemangel.
Besonders auffällig ist, dass deutlich mehr Unternehmen unsichere wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen als größtes Geschäftsrisiko bewerten als noch im Frühjahr 2024 (78 Prozent der Nennungen). Damit kommt vor allem die Unzufriedenheit der aktuellen Wirtschaftspolitik zum Ausdruck. 65 Prozent der Unternehmen sorgen sich weiterhin über die hohen Energie- und Rohstoffpreise. Wegen der schwachen Binnenkonjunktur sehen 63 Prozent der Unternehmer ein Risiko in der Inlandsnachfrage. Der Fachkräftemangel (53 Prozent) und die damit verbundenen steigenden Arbeitskosten (57 Prozent) bleiben ebenfalls große Herausforderungen.
Einheitlich angespanntes Bild
Diese Risiken und die verfestigte Unsicherheit spiegeln sich in schwachen Investitionsabsichten wider: Wollten im Frühjahr 2024 noch 45 Prozent der Unternehmen investieren, so sind es aktuell nur noch 38 Prozent. Der Anteil derer, die ganz auf Investitionen verzichten, stieg von 27 auf 30 Prozent. Entsprechend vorsichtig fallen auch die Beschäftigungspläne aus: Nur 4 Prozent der Befragten planen Neueinstellungen, während 32 Prozent Stellenkürzungen vornehmen müssen. Gerade angesichts des fortbestehenden Fach- und Arbeitskräftemangels ist dies ein besorgniserregendes Signal.
Ein Blick auf die Entwicklung in den einzelnen Branchen zeigt ein einheitlich angespanntes Bild: In nahezu allen Wirtschaftsbereichen bleibt die Lage schwierig. Die Industrie leidet unter rückläufigen Aufträgen und sinkenden Erträgen, der Einzelhandel bleibt aufgrund schwachen Konsums weiter unter Druck und auch im Baugewerbe setzt sich die angespannte Situation fort. Das Verkehrsgewerbe ist von Herausforderungen wie der Erhöhung der LKW-Maut, Infrastrukturengpässen und dem Fachkräftemangel, z. B. bei Fahrern, besonders betroffen.
Quelle: IHK Erfurt/Red.